Dpa Meldung vom 11.05.2014

 

Wallraff weist Kritik an McDonald's-Honoraren zurück

 

Köln (dpa) - Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff (71) hat Kritik an bezahlten Auftritten bei der Fast-Food-Kette McDonald's zurückgewiesen. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet in seiner neuen Ausgabe von einer Zusammenarbeit, bei der Wallraff seit 2010 zweimal an Diskussionsrunden gegen Honorar teilgenommen habe. Die gezahlten 3000 und 5000 Euro gab Wallraff an seine Stiftung oder Bedürftige weiter.

 

Der Nachrichtenagentur dpa bestätigte Wallraff am Sonntag zwei Auftritte und auch die Zahlungen. Der Autor weist aber zurück, dass dies in irgendeinem Zusammenhang mit seinen aktuellen Enthüllungen beim McDonald's-Konkurrenten Burger King stehen könnte.

 

«Ich habe zweimal auf McDonald's Veranstaltungen referiert. Beide Male habe ich mir in meiner grundsätzlichen Kritik an der Fastfood-Unkultur und auch an McDonald's keine Zurückhaltung auferlegt», sagte Wallraff dpa. «Ich sehe nichts Verwerfliches darin, Honorare, die andere in der Regel für sich beanspruchen, an eine wegen ihrer Meinungsäußerung gekündigte Betriebsrätin weitergeleitet zu haben oder für gemeinnützige Stiftungszwecke zu verwenden», teilte der Autor mit.

 

DIE WELT, 13.05.2014 Interview (zum Link klicken)

 

Auszüge aus einem Artikel der FAZ  vom 14.05.2014

 

 

„Enthüllungen“ über Günter Wallraff – Wie man eine Geschichte schnell erhitzt

Eine Enthüllungsgeschichte über einen Enthüller - das ist eine Story mit Würze. Vor allem, wenn man von einem „faden Beigeschmack“ schreiben kann, der sich mit dem Engagement des Betreffenden verbinde. Doch es ist anders herum: Einen faden Beigeschmack hat die Geschichte, mit welcher der „Spiegel“ dem Journalisten Günter Wallraff jetzt auf die Pelle rückt. Der Tenor: Wallraff berichtet kritisch über Burger King, genauer gesagt, über einen Franchisenehmer der Grill-Kette, hat sich aber von McDonald’s bezahlen lassen. Klingt gut? Klingt eindeutig? Weder noch - es passt nur zusammen auf dem Wege der Insinuation.

Günter Wallraff hat mit seinem Rechercheteam von RTL Burger King zuletzt ziemlich zugesetzt. Da geht es um ein Franchiseunternehmen von Burger King, die Yi-Ko-Holding, über die auch schon andere kritisch berichtet hatten - mit Blick auf angeblich bedenkliche hygienische Zustände in den Gaststätten und vor allem mit Blick auf den mutmaßlich rüden Umgang mit Angestellten. 91 Burger-King-Filialen betreibt die Yi-Ko in Deutschland, mit rund dreitausend Mitarbeitern.

Der Konzern reagierte

Dort ging es nach den Berichten, die Wallraff und seine Truppe bei RTL zeigten, drunter und drüber und - der Konzern reagierte. Am Wochenende wurde das Management der Yi-Ko ausgetauscht. Man habe sich gemeinsam darauf verständigt, dass der Geschäftsführer Ergün Yildiz von seinem Posten zurücktrete. Es gibt eine neue Geschäftsführerin, die aus dem Burger-King-Konzern kommt, einen neuen kaufmännischen Leiter und eine „enge“ Zusammenarbeit mit der deutschen Burger-King-Zentrale, „um sofortige und signifikante Veränderungen in den Yi-Ko-Restaurants zu bewirken“, wie es in einer Erklärung heißt. Die Veränderungen nehme man vor „nach Auswertung der umfassenden Audits“, die man nach der Fernsehberichterstattung in den Yi-Ko-Restaurants durchgeführt habe.

„Wir bedauern zutiefst, das Vertrauen unserer Gäste enttäuscht zu haben, und werden alles tun, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen“, sagte der Geschäftsführer der Burger King Beteiligungs-GmbH, Andreas Bork. Das Ziel sei es, „die operativen Missstände sofort zu beseitigen“. Das nennt man einen Wirkungstreffer, der Fastfood-Konzern geht fast forward, Tempo dürfte auch vonnöten sein, damit auch weiterhin fleißig Buletten in weichen Brötchen gefuttert werden.

Kein Mann für die PR von McDonald's

Das alles vollzieht sich dieser Tage - im Mai 2014. Im Mai 2010 hat Günter Wallraff, mit dem diese Geschichte verbunden ist, sich mit Mitarbeitern von McDonald’s und dem Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) getroffen, um über die Beschäftigungsverhältnisse bei dem anderen großen Bulettenbrater zu sprechen. Er bekam dafür ein Honorar von 5000 Euro, das aber nicht an ihn, sondern seine Stiftung ging. Ebenso verhielt es sich mit den 3000 Euro, die er für einen Vortrag erhielt. Für ein Video, das internen Zwecken dienen sollte, dann aber nicht zum Einsatz kam, gab es wiederum 5000 Euro - die ebenfalls nicht an Wallraff persönlich gingen, sondern an die wegen ihrer Kritik gekündigte Betriebsrätin einer Großbäckerei, über die Wallraff zwischenzeitlich berichtet hatte - auch bei dieser Recherche ging es um mutmaßlich prekäre Arbeitsbedingungen, unter anderem um Verbrennungen, die Mitarbeiter der Bäckerei aufgrund fehlender Schutzmaßnahmen erlitten haben sollen. Dieser Fall ging später vor Gericht, wo der Großbäcker aber freigesprochen wurde.

Ergibt sich aus alldem ein Zusammenhang? Nur, wenn man auf eine Formulierung steht wie: Wallraff recherchierte „womöglich nicht ganz unbefangen“. Und wenn man Burger King hier und McDonald’s da unbedingt zusammenzwingen und die Eigenheiten von Wallraffs Methode und Engagement außer Acht lassen will. Günter Wallraff ist nämlich nicht nur Enthüllungsjournalist, sondern auch so etwas wie ein Mediator: Er verfolgt Geschichten weiter, selbst wenn sie keine Schlagzeilen mehr machen, und schaltet sich in Fällen ein, die nicht groß genug für eine Story sind. Nur zum PR-Mann von McDonald’s, als der er im „Spiegel“ mehr oder weniger erscheint, taugt er nicht.

Den Laden nämlich hat er schon 1984 mit seinem Buch „Ganz unten“ aufgemischt, und als die PR-Leute des Konzerns 2009 auf ihn zukamen und das Gespräch mit ihm suchten, hatte er in den Burgerbratereien noch Hausverbot, wie er sagt. Er sei eingeladen worden, sich ein Bild von der jetzigen Situation zu machen, habe erklärt, dass sich in hygienischer Hinsicht wohl viel getan habe, er es aber für nicht akzeptabel halte, dass es keine gewerkschaftlich aktiven Betriebsräte gebe. Einige Dutzend gebe es doch, habe man ihm entgegengehalten. Das sei ihm bei einem Unternehmen mit 1500 Filialen etwas wenig erschienen.

Interventionen zugunsten von Beschäftigten

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Bei dem Franchisenehmer von Burger King habe er sich, sagt Wallraff, unter anderem oder insbesondere für einen Rechtsvertreter interessiert, der allgemein als „Anwalt des Schreckens“ bekannt ist - weil er beim sogenannten „Bossing“ gegen Betriebsräte und Gewerkschafter so erfolgreich sein soll. Die Idee zu der Burger-King-Recherche für RTL stamme im übrigen gar nicht von ihm, sondern von einem Kollegen - von dem Journalisten Alexander Römer. Er war denn auch derjenige, der sich als RTL-Reporter in Wallraff-Manier bei Burger King einschleuste und die Befunde beibrachte, die bei der Schnellrestaurant-Kette zu einer Reaktion führten. Und McDonald’s und Burger King? „Das eine hat mit dem anderen null zu tun“, sagt Günter Wallraff. Persönlich hält er von Fastfood generell nichts. Auch nicht von schnell aufgebrutzelten, halbgaren Geschichten. RTL ließ unterdessen wissen, dass man die Serie mit Günter Wallraff fortsetzen werde.

 

Auszüge aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 08.05.2014

 

Neue Kölner Schule

 

Was ist los im deutschen Fernsehen, wenn ein Privatsender dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen vormacht, wie man Missstände aufdeckt und wirklich was auslöst? Ein Besuch in der zuständigen RTL-Redaktion soll Antworten bringen.

Dort sitzen drei Undercover-Reporter. Caro Lobig hat beim Versender Zalando gearbeitet und die schlechte Behandlung der Mitarbeiter aufgedeckt, Alexander Römer war bei Burger King mit versteckter Kamera unterwegs, Pia Osterhaus hat als Praktikantin in Pflegeheimen gravierende Missstände gefilmt. Unter Anleitung von Undercover-Altmeister Günter Wallraff haben sie sich eingeschlichen und in bislang drei Filmen belegt, was schwer zu belegen ist.

Der Erfolg war groß und ansteigend. Von Folge zu Folge schauten mehr Menschen zu, und am Schluss, als es um Pflege ging, hatte „Team Wallraff“ mit 4,4 Millionen Zuschauern mehr Publikum erreicht als der vorher als Millionärs-Quizonkel firmierende Günther Jauch. Auch bei Facebook ging es steil bergauf. Wurden vor der ersten Folge 200 Facebook-Fans gezählt, so sind es gut zwei Wochen später mehr als 47 000. „Ich hatte mit einem solchen Erfolg nicht gerechnet“, sagt Wallraff. Er war erst skeptisch, was die Arbeit beim Privatsender angeht. Nun aber zollt er Respekt. „RTL hat Mut bewiesen und den Verlust von Werbeeinnahmen riskiert“, lobt er.

 

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Dass er für das Team trotzdem von hohem Wert ist, bekräftigt Pia Osterhaus, die als Reporterin im Heim gearbeitet hat und dort mehrfach an ihre Grenzen kam. „Ich habe so oft menschenunwürdige Situationen erlebt, in denen ich stopp rufen wollte. Günter Wallraff hat mich darin bestärkt, meine Deckung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten“, berichtet sie. Sie freut sich über die enorme Resonanz mit guten Quoten und Tausenden E-Mails, sie weiß aber auch, dass der Effekt einer guten Reportage nur begrenzt haltbar ist. „Man wird mit einer Reportage nicht ein ganzes System ändern. Das kann nur der Anfang sein.“

 

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Viel Geheimhaltung ist dafür notwendig. Wie das mit den Kameras funktioniert, will niemand aus dem Team verraten. Und das Thema vom nächsten Montag wird auch noch nicht ausgeplaudert. „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, das Thema vorher nicht zu verraten“, sagt Rasmus.

Sie wirken ernsthaft, diese jungen Reporter. Sie reden von Leidenschaft, und sie nehmen das, was sie tun, sehr ernst. So ernst, dass man sie glatt für ein bisschen verbissen halten könnte. „Ich hoffe, es kam rüber, dass wir auch viel Spaß hatten“, sagt der Burger-King-Reporter Alexander Römer am Schluss des Gesprächs.

Nun ja, nach purem Spaß klingt es nicht direkt, wenn diese RTL-Nachwuchskräfte berichten. Aber vielleicht ist gerade das auch eine Art Markenzeichen für eine neue Richtung des Privatsenders. Denn wie man Spaß hat, wissen die beim ZDF inzwischen offenbar ohnehin besser.