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Religion/Islam/ (dpa-Gespräch) Wallraff: Rushdie-Lesung in Moschee «notfalls unter Polizeischutz»
Köln (dpa) - Günter Wallraff will «notfalls unter Polizeischutz» in einer Kölner Moschee aus Salman Rushdies «Satanischen Versen» lesen. «Ich bin ja kein ängstlicher Mensch, ich werde da dranbleiben», erläuterte der Schriftsteller und Journalist am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Wenn das gelingt, wäre das wirklich ein Durchbruch und würde auch auf andere Moschee-Gemeinschaften ausstrahlen.» Wallraff hatte den Vorschlag ursprünglich in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk gemacht.
Er halte sein Vorhaben nicht für naiv, sagte er. Schließlich sei er gebeten worden, dem Beirat für eine geplante neue Moschee im Kölner Multikulti-Stadtteil Ehrenfeld beizutreten. «Das mache ich bestimmt nicht als nützlicher Idiot. Wenn, dann will ich da auch was bewegen.» Den Roman «Die Satanischen Verse» betrachte er als «literarisches Meisterwerk», das in der muslimischen Öffentlichkeit unbedingt gelesen und diskutiert werden müsse. «Zurzeit verurteilen sie etwas, das sie gar nicht kennen.»
In den 90er Jahren war Wallraff Mitherausgeber der deutschen Ausgabe der «Satanischen Verse» und nahm Rushdie in seiner Wohnung in Ehrenfeld und in einer Unterkunft am Rhein auf. Der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini hatte 1989 eine als Fatwa bezeichnete Todesdrohung gegen Rushdie ausgesprochen.
Wallraff sagte, dass der Erbauer der Moschee, die Türkisch- Islamische Anstalt für Religion (DITIB), sein Vorhaben keineswegs als Provokation aufgefasst habe, sondern vielmehr ernsthaft darüber diskutiere. Der Dialogbeauftragte der DITIB, Bekir Alboga, bestätigte am Mittwoch, dass er eine solche Lesung nicht grundsätzlich ausschließe. Allerdings werde das nicht von ihm entschieden, sondern vom Vorstand der DITIB.
«Ich bin kein glühender Befürworter der neuen Moschee, aber ich bin auch nicht dagegen. Schließlich gibt es bei uns Religionsfreiheit», sagte Wallraff. Was er anerkenne, sei das Bemühen der deutschen Muslime, sich in die Gesellschaft einzubringen. «Die haben sich von Gewalt ja auch klar distanziert», sagte er. Wenn sie aber immer wieder ausgegrenzt würden, sei das sehr verletzend. «Ich habe deshalb auch den Vorschlag gemacht, ihnen doch mal eine der vielen leer stehenden Kirchen zu übertragen, vielleicht mit der Auflage, dass muslimische Männer und Frauen dort dann gemeinsam beten. Dann hätte man auch noch was für die Integration getan.»
Gespräch: Christoph Driessen, dpa dpa cd yynwk a3 mh 111214 Jul 07
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